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S04: Libuda-Abend
"Ich bin normalerweise zufrieden"

S04: Libuda im Schalke-Museum gehuldigt
FC Schalke 04
13:00
SpVgg Greuther Fürth
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250 Menschen, zumal, wenn es sich um Fußball-Fans handelt, veranstalten gemeinhin eine ungeheure Geräuschkulisse. Am 14. April verhielten sie sich sehr ruhig .

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. 250 Menschen waren in die Arena gekommen, um ihrem Idol Reinhard Libuda fast 14 Jahre nach seinem viel zu frühen Tod mit nur 53 Jahren noch einmal ganz nah zu sein. Sie waren es.

Schauspieler Peter Lohmeyer darf sich Ehrenmitglied im Stan-Libuda-Fanclub nennen.

Der unter der Reihe „90 Minuten – ein Abend unter Schalkern“ stehende Themenabend mit Schauspieler und S04-Fan Peter Lohmeyer und Klaus Fischer war fast zu Ende, als Moderator Jörg Seveneick mit dem Mikrofon in Richtung eines Stehtisches marschierte. Dort stand etwas abseits Libudas Sohn Mathias und kämpfte mit der Stimme. Wie sein Vater ist auch er kein großer Redner. Keiner, der gerne im Rampenlicht steht und mit schönen Worten um sich wirft. Umso beeindruckender die Hommage an seinen Vater, dessen Tod er 1996 auf der eigenen Couch miterleben musste. „Das war ein bewegender Abend für mich, den Papa noch mal so zu sehen, wie er wirklich war. Er war ein ganz lieber Mensch“, bedankte sich Libuda.

Das Publikum zeigte reges Interesse am Libuda-Fanclub.

Zwei Stunden drehte sich auf Schalke noch einmal alles um einen der größten Spieler, die dieser Verein je hervor gebracht hat. Doch so unvergleichlich er als Sportler war, so verletzbar war Reinhard „Stan“ Libuda als Mensch. Niemand hatte ihn auf die Zeit nach dem Fußball vorbereitet. Scheidung, Job-Verlust. Das Leben nach der Karriere traf den sensiblen Techniker mit voller Breitseite. Wie so viele im Revier. „Aber er ist immer einer von uns geblieben“, erklärt Stephan Mros vom 1. Stan Libuda Fanclub die ungebrochene Verehrung, die ihm auf Schalke zu Teil wird.

Auch deshalb verziehen sie ihm hier alles. Selbst seinen Ausflug zum BVB, für den er beim 2:1 Erfolg im Europapokalfinale 1966 eines der wichtigsten Tore seiner Laufbahn erzielte. Es mag gegen Halbzeit der Veranstaltung gewesen sein, als Klaus Fischer aussprach, was nach bewegenden Bildern und Kommentaren vieler Fußballgrößen wie Karl-Heinz Rummenigge und auch Felix Magath alle im Saal dachten. „Ich habe das noch nie gesagt. Aber heute sage ich es. Mit Stan hätte es nie so weit kommen dürfen. Da hätte der Verein Schalke 04 eingreifen müssen.“

TV-Journalist Jörg Seveneik war der Moderator des Abends.

Wie kein Zweiter hatte Fischer in der Anfangsphase seiner Karriere von den Flanken des ebenso genialen wie sensiblen Künstlers profitiert. „Auch wegen ihm bin ich 1970 nach Schalke gekommen. Ich war nicht nur sein Mitspieler, ich war auch sein Fan“, outete sich der 60-Jährige. „Ich wusste, wenn der „Stan“ unter Druck stand und sofort flanken musste, kamen die Dinger auf den kurzen Pfosten. Ansonsten habe ich in der Mitte einfach gewartet und geschaut, was er macht“, profitierte Fischer von seinem genialen Vorbereiter.

Doch Fischer wusste auch, dass Libuda nur dann seine Leistung abrufen konnte, wenn privat bei ihm alles gestimmt hat. „Er war so misstrauisch, dass er im Trainingslager jeden Morgen vor dem Spiel seine Frau Gisela angerufen hat. Wenn sie zu Hause war, wussten alle: Heute dreht der Stan auf. Wenn sie vielleicht gerade einkaufen war und er sie nicht erreicht hat, dann konntest du das Spiel vergessen“, erinnert er sich.

„Was wäre denn dabei gewesen, wenn der Verein ihm einen Posten als Co-Trainer der Amateurmannschaft angeboten hätte? So wie Bayern München es bei Gerd Müller gemacht hat“, fragte Fischer. Der am Alkoholismus erkrankte „Bomber der Nation“ sei ein ähnlicher labiler Typ gewesen, wie Libuda. Fischer wollte nicht glauben, dass der zuletzt arbeitslose und kranke Libuda sich nicht hätte helfen lassen wollen. „Vielleicht nicht gleich beim ersten Mal, aber beim fünften oder zehnten Versuch hätte er es vielleicht gemacht. Wir wussten doch, der Stan musste immer erst Vertrauen fassen.“

Doch mit dem Vertrauen, war das so ein Problem. „Es gab nicht viele Menschen in seinem Umfeld, denen er sich geöffnet hat“, berichtete Hermann Erlhoff, ein weiterer Mitspieler aus den Glanzzeiten des begnadeten Technikers. Erlhoff hatte von dem Themenabend gehört und sich kurzerhand unter das Publikum gemischt. Auch das charakterisiert die Wertschätzung, die Libuda bis heute genießt.

„Ich bin normalerweise zufrieden“, sagte Stan Libuda 1992 in einem seiner letzten Interviews. „Ich kann hingehen, wo ich will. Ich werde nicht mehr so angegafft wie früher.“ Da war er in den Augen der Anderen längst ein gebrochener Mann.

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