Beim Abschlusstraining am Samstagmorgen gab der Stürmer Vollgas, als ob er um einen Stammplatz auf Schalke kämpfen oder sich für einen anderen Verein empfehlen müsse.
Dabei hat seine Extraportion Motivation einen ganz anderen Hintergrund: Am heutigen Sonntag kommt der FC Bayern mit Jürgen Klinsmann in die Arena. Jener Trainer, der ihn vor etwas mehr als zweieinhalb Jahren auf ziemlich schäbige Art und Weise für die Weltmeisterschaft im eigenen Land ausbootete. "Gegen wen spielen wir?", scheint Kuranyi zunächst sehr herausfordernd auf die Frage, ob er sich auf ein persönliches Duell am Nachmittag vorbereite, zu antworten. "Wir spielen gegen Bayern München und nicht ich gegen einen einzelnen Spieler oder Trainer. Das habe ich noch nie gemacht", winkt der 26-Jährige ab.
Spielt gegen Bayern, nicht gegen Klinsmann: Kevin Kuranyi (Foto: firo).
Kuranyi wählt die hohe Kunst der Diplomatie. Und auch Klinsmann mag das Wiedersehen in Gelsenkirchen nicht künstlich hoch hängen. "Ich kann mir vorstellen, dass das damals ein sehr schwieriger Moment für ihn war. So eine Entscheidung zu verdauen, ist sicherlich nicht einfach", beteuert der Bayern-Coach. "Aus diesem Grund ein Riesenkompliment an Kevin, wie er die Situation gemeistert hat. Er ist momentan leistungsmäßig auf einem guten Weg. Wir haben uns vor einiger Zeit bei der Nationalmannschaft gesehen. Das war alles kein Problem. Die Sache von damals wird daher heute kein Thema sein."
Von Revanche oder gar Rache ist also nicht die Rede, eine derartige Überspitzung braucht das immer heiße Duell zwischen dem ewigen Herausforderer Schalke und dem Branchenführer München auch nicht. Über 61.000 Fans im Stadion, 22 Fußballer auf dem Feld und die Verantwortlichen an der Seite werden genug dafür tun, um für die Partie das nötige Feuer zu entfachen. "Für beide Mannschaften geht es darum, den Anschluss nach ganz oben zu schaffen. Daher ist es ein ganz wichtiges Spiel", hat Marcelo Bordon nach der erfolgreichen Auswärtstour der vorvergangenen Woche mit den beiden Dreiern in Karlsruhe und Cottbus wieder die Tabellenspitze im Blick.
Auch Manuel Neuer möchte lieber nach vorne schauen, obwohl fast auf den Tag genau vor zwei Jahren beim Duell gegen die Bayern sein Stern in der Fußball-Bundesliga erst aufging. "Natürlich kommen immer mal wieder Erinnerungen an dieses Match hoch", nickt der S04-Keeper, der damals Frank Rost als Schalkes Nummer eins ablöste. "Aber das ist Vergangenheit. Heute geht es darum, dass wir an unsere letzten guten Leistungen in der Bundesliga anknüpfen und dieses wichtige Spiel für uns entscheiden können", möchte nicht nur ein Neuer ein Zeichen im Kampf um die Tabellenspitze setzen.
"Ich erwarte hochmotivierte Schalker, eine Mannschaft, die im Topspiel des Jahres unbedingt die Bayern schlagen möchte, ein emotionales Spiel und einen richtigen Fight", hat Klinsmann die brennende Luft in Gelsenkirchen richtig gespürt. "Unsere Mannschaft ist gut drauf und fühlt sich frisch. Wir wollen unbedingt noch vor Weihnachten nach oben. Deshalb sollten wir heute einen weiteren großen Schritt machen", fiebert auch "Klinsi" dem Anstoß entgegen.
