Ach so, hätte ich beinahe vergessen: Auf der Fahrt Richtung Niederlande haben wir gegen 16 Uhr eine kleine Pause an der Tanke eingelegt und haben schon aus dem Bus gesehen, dass da ein Mitmensch Hilfe benötigen könnte. Kaum hatte unser Gefährt gehalten, stürmten Ronny Kockel, Patrick Ellguth, unser "Buggy" (El Houcine Bougjdi, Anm.d. Red.) und Tim Rubink heraus und eilten dem guten Mann zur Hilfe, der scheinbar hilflos im Gebüsch lag. "Jungs, mir geht es gut. Ich habe nur ein bisschen gesoffen - alles gut. Trotzdem: Danke", erklärte er uns seine Lage.
Zum Glück ging es dem Jungen den Umständen entsprechend gut. Nachdem wir uns mit kühlen Getränken versorgt hatten, ich nahm eine schöne, kalte Apfelschorle zu mir, ging es noch eine gute Stunde im Bus weiter. Die Situation des jungen, circa 30-jährigen betrunkenen Mannes brachte mich zum Grübeln. Ich kann das nicht nachvollziehen, warum Menschen ihr Leben so leichtfertig aufs Spiel setzen. Wir hatten 30 Grad und der Junge liegt um 16 Uhr besoffen im Gebüsch.
Ein nachdenklicher Issa Issa
Mein Vater liegt seit einiger Zeit im Wachkoma. Das wissen die meisten und ist kein Geheimnis. Die Menschen verstehen das Leben meist erst dann zu schätzen, wenn solche Schicksale in der Familie passieren. Ihr könnt euch, soweit ihr es nicht an der eigenen Haut erlebt habt, gar nicht vorstellen, wie schwer, schmerzvoll und tragisch so eine Geschichte ist. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an meinen Vater denke. Ich hatte jetzt auf der Fahrt zum Testspiel wieder meine fünf Minuten, in denen ich ganz nah bei meinem Vater war - in Gedanken. Dann spüre ich auch, da kommt etwas zurück. Auf der einen Seite ist es sehr, sehr traurig und schmerzvoll für mich. Auf der anderen Seite gibt er mir die Kraft zum Leben, zum Fußballspielen. Mein Papa hatte immer davon geträumt, dass ich ein erfolgreicher Fußballer werde und die Menschen durch meine Spielweise, Tore begeistere. Seit zwei Jahren gelingt mir das sehr gut. Leider kann er das nicht aus der Nähe beobachten. Ich habe ihm versprochen, dass ich weiter meinen Weg gehen werde: Für ihn, für unsere Familie, für mich und nicht zuletzt für Euch - den besten Fans der Liga! Ihr, der KFC Uerdingen, habt nämlich Erfolg verdient.
Issa und Kosi haben sogar Groupies in den Niederlanden
Das Testspiel war leider nicht erfolgreich. Wir haben 1:2 verloren. Aufgrund der zweiten starken Halbzeit völlig unnötig. Aber wir haben gegen keine Würstchen gespielt, sondern gegen eine Erstliga-Mannschaft. Insgesamt war das ein guter Test. Ich habe mir ein wenig den Nacken verdreht und einen kleinen Hexenschuss erlitten. Aber der Physio war sofort da und hat mich noch im Bus behandelt. Es geht wieder - macht Euch keine Sorgen.
Vor der Partie konnten alle sehen, welch ein Star unser Trainer Erich van der Luer in seiner Heimat ist. Der Coach konnte sich gar nicht vor dem Blitzlichtgewitter und den vielen Autogrammwünschen retten - unglaublich! Und so, wie er nunmal ist, erfüllte er (alle!) Foto- und Autogrammwünsche. Das ist unser Coach!
Nach dem Spiel kam dann Kosis und mein Moment. Plötzlich stürmten sechs, sieben Mädels im Alter von 12 bis 14 Jahren auf mich und Kosi zu und baten uns um Autogramme und Fotos. Ich habe nur zu Kosi gesagt: "Siehst du Junge, soll uns keiner mehr was erzählen, wer die geilsten Jungs in der Mannschaft sind. Der weibliche, holländische Nachwuchs hat Ahnung. Das werden mal richtig nette Frauen." Mal schauen, was unser "Casanova" Marc-Andre Nimptsch dazu sagt...
"Monir ist eine Maschine im Armdrücken"
Gegen Mitternacht sind wir dann an unserem Hotel angekommen. Wer gedacht hätte, dass jetzt alle kaputt ins Bett fallen, der kennt unsere "Maschinen" nicht. Kosi Saka hatte die verheerende Idee, Monir Ibrahim im Armdrücken herauszufordern. Nach nur drei Sekunden musste Kosi enttäuscht den Weg ins Bett antreten. "Kosi, du kannst auch beide Hände benutzen, kein Problem", sagte Monir in Richtung Kosi. Doch der hatte eingesehen, dass er gegen Monir keine Chance hatte. Das gleiche Schicksal erlebten Norman Jakubowski, für den in einer Sekunde Schluss war und unser Betreuer Franko.
Kennt ihr den Film "Over the Top" mit Sylvester Stallone? Stallone spielt da den Armdrücker Lincoln Hawk, der mit seinem Truck durch Amerika fährt und an der Weltmeisterschaft im Armdrücken teilnimmt. Sein Markenzeichen: Hawk dreht zu Beginn eines Fights immer sein Cappy um (O-Ton: "Das ist wie, wenn man einen Motor startet). Warum ich Euch das erzähle? Weil Monir Ibrahim noch viel besser, stärker als Lincoln Hawk ist. Bevor Hawk seinen Motor starten würde, würde Monir schon als Sieger feststehen. Ohne Scheiß: Monir ist eine Maschine im Armdrücken - unschlagbar.
Ich gehe stark davon aus, dass wir auch am Mittwoch unschlagbar gegen die Spielvereinigung Bad Pyrmont sein werden. Mal schauen, ob Kosi am Mittwochabend Monir erneut herausfordert. Ich gebe ihm dann höchstens vier Sekunden, bis er den Kampf verloren hat. Also, haut rein und bis zum nächsten Mal!
